Warum dieser Name?
Das Gustav-Adolf-Werk trägt den Namen eines schwedischen Königs. Warum? König Gustav II. Adolf landete im Sommer 1630 mit seiner Armee auf der Insel Usedom und griff in den Dreißigjährigen Krieg ein. Er wurde nur 37 Jahre alt. Im November 1632 starb er in der Schlacht bei Lützen, in der Nähe von Leipzig.
Er kämpfte in einem Krieg, der Deutschland und ganz Europa vor 400 Jahren erschütterte. Der Dreißigjährige Krieg war ein Krieg um die Macht in Deutschland und ein Glaubenskrieg. Die katholische Liga hatte große Gebiete erobert und begann dort, die Reformation rückgängig zu machen. Lutheraner und Calvinisten wurden verfolgt und konnten ihren Glauben nicht mehr frei leben. In jener Zeit war Glaube für Menschen viel wichtiger als er das für die meisten Christen in Deutschland heute ist.
Gustav Adolf war ein evangelischer König. Als er sich in den Krieg einmischte, sahen viele Menschen in ihm ihre letzte Hoffnung. In Flugblättern wurde er als Retter des Glaubens, als Friedens- und Freiheitsbringer gefeiert. Gustav Adolf enttäuschte diese Hoffnungen nicht. In den zwei Jahren, in denen er im Dreißigjährigen Krieg kämpfte, erreichte er, dass der evangelische Glaube in Deutschland nicht verdrängt werden konnte. 1648 wurde der Dreißigjährige Krieg mit dem Westfälischen Friedensschluss beendet.
1832: 200 Jahre sind vergangen, seitdem Gustav Adolf gestorben ist. Es ist die Zeit der Romantik. Der schwedische König war wie geschaffen für die Figur eines romantischen Helden. Über ihn wurden Romane und Musikwerke geschrieben. Als in Leipzig ein Verein gegründet wurde, um evangelischen Christen in schwierigen Glaubens- und Lebenslagen zu helfen, wurde Gustav II. Adolf zum Namenspatron und Vorbild. Wie er, wollte auch der neue Verein sich für bedrängte evangelische Minderheiten einsetzen, aber nicht mit Gewalt, sondern mit zivilen Mitteln, mit Spenden.
Über den Namenspatron des Gustav-Adolf-Werks ist viel gestritten worden. Kritisch erscheint heute vor allem, dass er sich an einem Krieg beteiligt hat. Doch sein Handeln entsprach dem, was man von einem Staatsmann und Politiker damals erwartete. Eines gilt heute als unstrittig: Ohne ihn hätte es in Deutschland keine Glaubensfreiheit und Glaubensvielfalt mehr gegeben.
Kriegsherr und Verteidiger seines Glaubens - geht das zusammen?
Bischof Wolfgang Huber sagte in seiner Predigt im Festgottesdienst „175 Jahre Gustav-Adolf-Werk“ in Lützen am 6. November 2007 folgendes:
„Hilfsgelder statt Heldengedenken – so lässt sich der Impuls von 1832 zusammenfassen. Hier in Lützen wird es schnell einleuchten, wenn ich darin eine frühe Form von „Schwerter zu Pflugscharen“ sehe. Keinem kann verborgen bleiben, dass der schwedische König, auf den sich diese Aktion beruft, in der Wahl seiner Mittel nicht zimperlich war; sein Handeln entsprach dem, was man von einem erfolgreichen Kriegsherrn in den Grausamkeiten des Dreißigjährigen Krieges zu erwarten hat; zu unkritischer Verherrlichung taugt das nicht. Nach damaliger Vorstellung war es seines Amtes, dem Recht mit Waffengewalt Raum und Durchsetzung zu verschaffen. Auch wenn wir uns darum bemühen, zu Verhältnissen beizutragen, in denen Frieden auf andere Weise geschaffen und gesichert wird, haben wir freilich kein Recht dazu, dem protestantischen König, der auf solche Weise tätig wurde, den Ernst des Glaubens und die Aufrichtigkeit seiner Glaubensmotive streitig zu machen. Den Kriegsherrn und den Verteidiger seines Glaubens zusammen zu sehen: das ist – die keineswegs einfache – Aufgabe, vor die uns die Erinnerung an Gustav Adolf stellt.
Die Denkschrift des Rates der EKD „Aus Gottes Frieden leben - für gerechten Frieden sorgen“ macht deutlich: Wer den Frieden will, muss den Frieden vorbereiten. Wer aus dem Frieden Gottes lebt, tritt für den Frieden in der Welt ein. Friede ist nur dann nachhaltig, wenn er mit Recht und Gerechtigkeit verbunden ist. Daraus ergibt sich eine Verpflichtung auf den Vorrang ziviler Konfliktbearbeitung und die Bindung der Anwendung von Zwangsmitteln, auch von Mitteln militärischer Gewalt, an strenge ethische und völkerrechtliche Kriterien. Auch die Herausforderung durch den modernen internationalen Terrorismus rechtfertigt keine Wiederbelebung der Lehre vom ‚gerechten Krieg‘. Vielmehr bewährt sich gerade in einer solchen Situation die Ausrichtung aller friedenspolitischen Überlegungen an der Leitidee des ‚gerechten Friedens‘.“