Frauenarbeit im GAW Westfalen

Die Frauenarbeit des GAW ist lebendig und vielfältig. In Westfalen stehen zwei Ansprechpartnerinnen zur Verfügung, die unterschiedliche Perspektiven und Erfahrungen einbringen. Beide kommen gern auch in Gemeinden zu Vorträgen, Gottesdiensten und anderen Veranstaltungen.

Berichte aus der Frauenarbeit finden Sie weiter unten!

Annette Muhr-Nelson lebt im Ruhrgebiet.
Sie bringt vor allem europäische Perspektiven ein.
Sie ist Vorstandsmitglied der GAW-Frauenarbeit in Deutschland.


Kirsten Potz
lebt in Ostwestfalen.
Schwerpunkte Südamerika,
besonders Argentinien, Paraguay, Uruguay,
und Öffentlichkeitsarbeit

Frauenpower

Die ganze Vielfalt der Frauenarbeit des GAW war auch bei der Delegiertenversammlung im September 2024 in Bad Driburg zu erleben. Neben Inge Rühl und etlichen weiteren Vorstandsmitgliedern sowie Leiterinnen von Frauengruppen waren die beiden westfälischen Ansprechpartnerinnen vertreten. Annette Muhr-Nelson brachte den Klimaschutzantrag ein. Das GAW hat das Thema längst im Blick. So wird demnächst eine klimafreundliche Heizung in der Zentrale in Leipzig eingebaut, und viele Projekte in den Partnerkirchen wie Aufforstung in der La Plata-Region oder Solardächer in Brasilien dienen der Klimagerechtigkeit. Ein wichtiger Posten ist die Mobilität. Nun soll ein Plan für mehr Transparenz und verbindliche Richtlinien sorgen, um weitere CO2-Reduktion zu ermöglichen. Kirsten Potz sorgte für die Berichterstattung aus und in Westfalen. Anne Horn aus Württemberg wurde als neue Beisitzerin des GAW-Vorstands gewählt. Sie setzt sich für ein Junges GAW ein - mehr Gestaltungsmöglichkeiten und attraktive Beteiligungsformen für junge Menschen im GAW. Auch unter den Gästen waren starke Frauen: Wanda Falk, Diakonie Polen, berichtete über den Einsatz für die sogenannten "Eurowaisen", Magdalena Lackowa aus der Slowakei erzählte von ihrem Leben im Ausland als Pflegekraft , die ihren 13jährigen Sohn für viele Jahre zuhause zurücklassen musste, um den Lebensunterhalt für die Familie zu verdienen, und Kristyna Pilecká stellte ihre Arbeit als erste tschechisch sprechende Pfarrerin in der deutschsprachigen Gemeinde in Prag vor.

Auf dem Bild v. l.: Anne Horn, Wanda Falk, Annette Muhr-Nelson Kirsten Potz, Brigitte Hielscher (Frauengruppe Osnabrück)

Das GAW und der Kirchenkreis Paderborn (September 2024)

Die Frauenarbeit und das Baltikum: Darüber wollte sich der Bezirksverband der Frauenhilfe informieren und lud Kirsten Potz zu seiner Jahrestagung im Markus-Zentrum in Paderborn ein. Seit Jahren wird hier für das Gustav-Adolf-Werk gesammelt, ohne dass man genau weiß, worum es geht. Nun kamen längst vergessene Zusammenhänge zur Sprache. So wurde das Gemeindezentrum nach dem 2. Weltkrieg mit GAW-Unterstützung gebaut, und ein Jahrhundert zuvor hatte der Gustav-Adolf-Verein, wie er damals noch hieß, bei der Gründung evangelischer Gemeinen im historisch katholischen Raum geholfen, den Bau von Kirchen, Gemeinde- und Pfarrhäusern unterstützt. Pfarrer Damerow, der Vorgänger des heutigen Ortspfarrers, pflegte jahrelang eine Partnerschaft mit Brasilien, und der jetzige Pfarrer Gunnar Grahl berichtete von der seit rund 20 Jahren lebendigen Partnerschaft mit einer Gemeinde in der Nähe von Tartu in Estland.
Um die Länder des Baltikums ging es dann im zweiten Teil des Vortrags, denn mit dem Jahresprojekt 2024 „Einander tragen mit Herz und Hand“ geht es um die Unterstützung von Frauen in Krisensituationen in Estland, Lettland und Litauen. Auch die Kollekte des Abendmahlsgottesdienstes mit Pfarrerin Elke Hansmann zu Beginn des Nachmittags geht an das Jahresprojekt.

Auf dem Foto v.l.: Gunnar Grahl, Kirsten Potz, Irene Glaschick (Vorsitzende Bezirksverband), Elke Hansmann

Gemeinsam unterwegs zu einer fürsorgenden Gesellschaft (September 2024)

Bielefelder Frauenmahl lud zum Hören, Essen und Tischgesprächen ein

Care-Arbeit, so nennt man die meist schlecht oder unbezahlte Fürsorge in Haus und Familie, KiTas, Pflegeheimen und Krankenhäusern. Meist ist sie weiblich und wenig beachtet; sie wird für selbstverständlich gehalten. Das darf nicht so bleiben, denn niemand lebt und nichts funktioniert, ohne dass sich jemand kümmert, haupt- oder ehrenamtlich. Wie kann eine fürsorgende Gesellschaft also neu gedacht werden?

Die Frauenarbeit des Gustav-Adolf-Werks Westfalen und die Evangelische Lydia-Kirchengemeinde in Bielefeld luden darum am 13. September in die Johanniskirche zu einem Frauenmahl ein, unterstützt von der Erwachsenenbildung des Kirchenkreises. Viele Menschen aus der Gemeinde sorgten für eine gastfreundliche Atmosphäre – auch das ist Care-Arbeit! Rund 60 Frauen folgten der Einladung, ließen sich mit einem leckeren vegetarischen Essen (Care: Fürsorge für Umwelt und Klima!) verwöhnen, lauschten festlicher Tafelmusik und kamen durch drei Impulsreferate in gute Gespräche bei Tisch.

Den Auftakt machte Feline Tecklenburg von der Netzwerkorganisation 'Wirtschaft ist Care'. Die Politikwissenschaftlerin, Soziologin und Ökonomin wurde nach einem Kurzfilm – zu sehen auf www.wirtschaft-ist-care.org – live zugeschaltet. Sie verblüffte mit der Feststellung, dass Care-Arbeit der größte Wirtschaftszweig in Deutschland ist. Wenn man alle geleistete Arbeit in Stunden umrechnet, beträgt ihr Wert 40 Prozent des Bruttoinlandsproduktes! Nur kann und will das niemand bezahlen. Dabei ist die Fürsorge für Kinder, Alte, Kranke, Haushalt und Familie überhaupt erst die Voraussetzung dafür, dass jemand arbeiten gehen und die allgemein höher geschätzte Arbeit in Firmen und Fabriken tun kann. Nach einem Tipp gefragt, riet sie den Frauen, zunächst Selbstbewusstsein zu entwickeln: Wir sind das Rückgrat der Gesellschaft! Und diesen Perspektivwechsel dann zu teilen, um die gängigen Narrative zu ändern, ohne die sich gesellschaftlich nichts ändern wird.

Vor dem Hauptgang kam die eigens aus Warschau angereiste Direktorin der Diakonie der Evangelisch Augsburgischen Kirche in Polen zu Wort. Wanda Falk berichtete, dass 2,5 der 37,5 Millionen Einwohner Polens im Ausland leben, um den Lebensunterhalt für ihre Familien zu sichern, darunter viele Frauen, die als Hilfs- oder Fachkräfte in der Pflege arbeiten. Sie lenkte den Blick auf die Kinder, die in der Obhut von Großeltern und Verwandten zurückgelassen werden. Viele kommen dadurch an ihre Grenzen, körperlich und seelisch. Wanda Falk wollte kein schlechtes Gewissen machen, dass im Westen osteuropäische Arbeitskraft genutzt wird. Vielmehr weist sie auf das weitgehend unbekannte Phänomen der Eurowaisen hin. Die Kinder entwickeln oft psychische Probleme. Hier versucht die Diakonie mit psychosozialer Beratung und Unterstützung zu helfen. Das Gustav-Adolf-Werk unterstützt mit Spenden. „Gemeinsam schaffen wir das!“ So beendete Wanda Falk zuversichtlich ihren Beitrag.

Achtsamkeit, Mitgefühl, Engagement, ein neues Bewusstsein – darum warb auch Iris Lichtenthäler. Mit der Leiterin des Perthes-Hauses, eines Bielefelder Altenheimes, kam das Thema nun ganz nah, geographisch und auch persönlich. Denn als sie über die Rolle der Zivilgesellschaft sprach, stellte sie nicht nur das Konzept ihres Hauses vor, das sich an den Bewohnerinnen und Bewohnern  und ihren persönlichen Ressourcen orientiert. Sie sprach auch über den Pflegenotstand in Deutschland und landete schließlich mit einer humorvollen Abfrage bei der Zuhörerschaft: Wer wohl in der Lage sei, zu schieben? Oder imstande , ein Glas Wasser einzuschenken? Zuzuhören? So wurde es am Ende ganz praktisch.

Wirtschaft neu denken, Care-Arbeit wertschätzen, selbst achtsam sein und sich selbstbewusst engagieren – gemeinsam schaffen wir das! Mit diesem Fazit gingen die Gäste sichtlich inspiriert und ermutigt nach Hause.

Frauenarbeit auf Projektreise in Griechenland

Das Thema Flucht und Migration begleitete die Vorstandsmitglieder der GAW-Frauenarbeit, unter ihnen Annette Muhr-Nelson aus Westfalen, auf ihrer Reise nach Griechenland. Das nächste Jahresprojekt wird sich um dieses orthodox geprägte Land im Süden Europas drehen. Die protestantischen Gemeinden bilden hier eine verschwindend kleine Minderheit. Viele Mitglieder der griechischen evangelischen Kirche haben Eltern oder Großeltern, die um 1923 aus Kleinasien geflohen sind. Nachkommen von Flüchtlingen zu sein, ist tief im Bewusstsein der Kirche verankert und trägt zu ihrem heutigen Engagement bei.
Von den 32 Gemeinden hat die Gruppe die in Thessaloniki, Katerini, Volos und Athen-Exarchia besucht. Sie sind alle sehr unterschiedlich, aber eins ist ihnen gemeinsam. Sie engagieren sich aus tiefster Überzeugung für soziale Gerechtigkeit und nehmen dabei besonders die Schwächsten in den Blick: Obdachlose, Drogenabhängige, Menschen in Armut, Geflüchtete.

Das Jahresprojekt 2025 verspricht überraschende Perspektiven auf ein Land, das vielen Deutschen als Urlaubsland vertraut ist. Einen kleinen Vorgeschmack gibt der ausführliche Reisebericht, den Sie hier herunterladen können.

Im Bild: Annette Muhr-Nelson (links) mit Eleana Doupha (Mitte), der ersten Diakonin in der Ev.-griechischen Kirche, und Touria Besbas.