Russland: Edith Müthel verstorben

Bischof Dietrich Brauer und Edith Müthel (2016)

Am 9. Juni 2019 verstarb Edith-Emilia Müthel in St. Petersburg in ihrem 100. Lebensjahr. Sie war eine der ältesten Gemeindemitglieder der evangelisch-lutherischen St.-Annen-und-St.-Petri-Gemeinde.

Im Jahr 2012 erschien im Verlag des GAW ihre inzwischen vergriffene Autobiografie „An Gottes Hand. Eine deutsch-russische Lebensgeschichte“. Das Buch erschien auch in Russland auf Russisch in mehreren Auflagen unter dem Titel „Я помню. Из Петрограда в Петербург через Поволжье и Сибирь – судьба дочери пастора“ („Ich erinnere mich. Aus Petrograd nach St. Petersburg – über die Wolga-Region und Sibirien. Das Schicksal einer Pfarrerstochter“).

Müthels Biografie steht exemplarisch und symbolhaft für viele Tausende deutsch-russische Schicksale im Griff des stalinistischen Terrors.

Edith Müthel wurde als Edith Pfeiffer am 31. August 1919 in Petrograd geboren. Ihr Vater Emil Pfeiffer wurde wenige Jahre später ordiniert und die Familie zog in die Wolgaregion, wo der Vater der letzte Vorkriegspastor in Saratow wurde. Im Zuge der stalinistischen Repressionen wurde der Vater mehrfach verhaftet und schließlich erschossen, die Familie nach Sibirien deportiert. Edith Müthels Onkel Arthur Pfeiffer, der ebenfalls ein Pastor war, wurde auch verhaftet, verbrachte viele Jahre im Arbeitslager, überlebte aber.

Die Sorge um ihre Familie und der tiefe Glaube an Gott ließen Edith Müthel alle Widrigkeiten aushalten. Erst nach Stalins Tod konnte sie mit ihrem Mann nach Leningrad/St. Petersburg zurückkehren, wo sie als Deutschlehrerin und Übersetzerin arbeitete. 1997 holte sie ihre Konfirmation nach. Im Alter von 80 Jahren schrieb sie ihre Erinnerungen an diese schwierige Zeiten nieder. Das erlittene Unrecht hat sie weder gebrochen noch verbittert. Menschen, die ihr begegneten, waren beeindruckt von ihrer geistigen Frische und Lebendigkeit auch im hohen Alter.

Im letzten Absatz ihres Buches „In Gottes Hand“ schrieb Edith Müthel: „Ich bitte Gott, mich nicht zu verlassen und mich bis zu meinem Ende zu führen, so wie er mich mein ganzes Leben beschützt und geleitet hat. Um Gottes Gnade bitte ich! Amen“

Ihre Beerdigung findet am 13. Juni statt.

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