Polen: Lutherischer Bischof gegen Verschärfung des Abtreibungsrechts

Bischof Jerzy Samiec von der Evangelisch-Augsburgischen Kirche in Polen hat sich mit einer Twitter-Meldung vom 3. Oktober 2016 in die kontroverse Diskussion um eine geplante Verschärfung des polnischen Abtreibungsrecht eingemischt. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass Frauen, die eine Abtreibung vornehmen lassen, bis zu fünf Jahren Gefängnis droht. Abtreibungen sollen nur noch bei Lebensgefahr für die Mutter möglich sein. Samiec schrieb: „Gott ist die Liebe und er vergibt. Ich weiß nicht, wie man im Namen Gottes Menschen ins Gefängnis stecken kann.“

Mit seinem Tweet am sogenannten „Schwarzen Montag“ erregte der Bischof große öffentliche Aufmerksamkeit. Frauenverbände demonstrierten an diesem Tag in schwarzer Kleidung gegen die Verschärfung des Abtreibungsrechts in Polen. Mit seiner Meinungsäußerung stellte sich Bischof Samiec gegen die vorherrschende politische Stimmung in Polen. Neben Zustimmung erhielt er viele ablehnende Kommentare – auch aus der eigenen Kirche.

Das polnische Abtreibungsrecht ist eines der striktesten in der EU. Es erlaubt Schwangerschaftsabbrüche nur bei Gefahr für Leben oder Gesundheit der Mutter, nach Vergewaltigung oder Inzest oder wenn der Fötus bleibende Missbildungen aufweist. Schon jetzt reisen manche Polinnen für die Abtreibung ins Ausland, z.B. über die Grenze nach Brandenburg. Die Initiative zur Verschärfung des Gesetzes sammelte mehr als eine halbe Million Unterschriften für ihre Petition, nötig gewesen wären lediglich 100 000. Die Regierung und die katholische Kirche befürworten den Vorschlag. Das Parlament stimmte mit großer Mehrheit dafür, dass sich der Justiz- und Menschenrechtsausschuss mit der Petition zu befassen sollen. Eine Gegeninitiative für eine Liberalisierung des Abtreibungsrechts scheiterte dagegen schon in erster Lesung.

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