Lettland: Kirchen pro und contra „Istanbul-Konvention“
Am 1. August 2014 trat das Übereinkommen des Europarats über die „Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt“, die sogenannte Istanbul-Konvention, in Kraft. In Staaten, die die Konvention ratifiziert haben, müssen alle staatlichen Organe – darunter Gesetzgeber, Gerichte und Strafverfolgungsbehörden – die Verpflichtungen aus der Konvention umsetzen.
In Lettland wurde in den vergangenen Wochen in der Öffentlichkeit kontrovers diskutiert, ob das Land die „Istanbul-Konvention“ unterzeichnen bzw. auch ratifizieren soll. Dazu hatte der Justizminister ein Gutachten veröffentlicht, das der Regierung empfiehlt, das Abkommen nicht zu unterzeichnen, da es im Gegensatz zur Verfassung Lettlands stehe.
Dieselbe Meinung vertreten auch die die Bischöfe der vier großen Kirchen in Lettland, die sich Ende April in einem offenen Brief an die Regierung gewandt haben. Erzbischöfe der Römisch-Katholischen Kirche, der Lettischen Evangelisch-Lutherischen Kirche, Bischof der Lettischen Baptisten-Union sowie der Metropolit der Orthodoxen Kirche in Lettland sehen in der Konvention die Gefahr, Lettland einen gesellschaftlichen Wandel aufzuzwingen, der auf der Gender-Ideologie basiert, statt die wirklichen Ursachen der Gewalt gegen Frauen zu bekämpfen.
Als eine Reaktion darauf haben einige andere Kirchen und Organisationen ebenfalls einen offenen Brief verfasst und zur Unterzeichnung der Konvention aufgerufen. Dieser Brief wurde u.a. von Vertreterinnen und Vertretern der Anglikanischen Kirche, der Lettischen Lutherischen Kirche im Ausland, der lettischen Bibelgesellschaft, dem lettischen Theologinnenverband, der Theologischen Fakultät und der Deutschen Evangelisch-Lutherischen Kirche in Lettland unterzeichnet.
Am 10. Mai 2016 hat die lettische Regierung nach einer langen Diskussion die Unterzeichnung unterstützt. Auch der Präsident Raimonds Vējonis hat seine Unterstützung geäußert. Bis Februar 2016 wurde das Übereinkommen laut Wikipedia von 39 Staaten unterzeichnet und von 20 ratifiziert. Deutschland hat es unterzeichnet, aber nicht ratifiziert, weil diesbezüglich kein Handlungsbedarf bestünde.