Frankreich: Neue Umfrage zum Protestantismus

Ende Januar 2025 präsentierte der Protestantische Bund von Frankreich auf seiner Generalversammlung aktuelle Zahlen zum Protestantismus im Land. Die Daten basieren auf der Studie "Die Protestanten in Frankreich: Praktiken, Weltanschauungen und Orientierungen" und zeichnen ein Bild der Entwicklungen seit 2010.

Mitgliederzahlen und Zusammensetzung

Mit 1,3 Millionen Personen (2 % der französischen Bevölkerung) ist der Protestantismus nach Katholizismus (55 %) und Islam (3 %) die drittgrößte Religionsgruppe in Frankreich. Während die Gesamtmitgliederzahl relativ konstant geblieben ist, hat sich die Zusammensetzung innerhalb des Protestantismus deutlich verändert: 33 % der Befragten bezeichnen sich als evangelisch (gegenüber 18 % im Jahr 2010), 25 % als reformiert, 13 % lutherisch, 11 % pfingsterisch, 8 % liberal, 7 % baptistisch, 5 % charismatisch.

Der traditionelle lutherisch-reformierte Protestantismus ist in den ländlichen Gebieten, in denen er historisch stark vertreten war, rückläufig. Gleichzeitig nimmt die Vielfalt innerhalb des Protestantismus in den städtischen Zentren aufgrund der Zuwanderung verschiedener Bevölkerungsgruppen zu.

Religiöse Praxis im Wandel

Ein zentrales Ergebnis der Studie ist der Rückgang der traditionellen religiösen Praxis. Während 2010 noch 34 % der Befragten mindestens einmal pro Woche die Bibel lasen, sind es heute nur noch 20 %. Der Anteil derer, die nie in der Bibel lesen, ist von 16 % auf 33 % gestiegen. Auch der regelmäßige Gottesdienstbesuch ist rückläufig: 2010 gingen 26 % der Befragten wöchentlich zum Gottesdienst, heute sind es nur noch 21 %. Der Anteil derer, die nie einen Gottesdienst besuchen, hat sich von 16 % im Jahr 2010 auf 26 % im Jahr 2024 erhöht. Gleichzeitig zeigt sich ein Interesse an neuen Formen der Beteiligung: 29 % der Protestanten nehmen zumindest gelegentlich online an Gottesdiensten teil.

Politisches und gesellschaftliches Engagement

Ein überraschendes Ergebnis der Studie ist die breite Zustimmung zu ethischen Fragen, die aktuell in der Gesellschaft diskutiert werden – selbst unter Evangelikalen. Hierin unterscheiden sich französische Protestanten deutlich von US-amerikanischen Evangelikalen und teilweise auch von den offiziellen Positionen ihrer Kirchen. 67 % der Protestanten befürworten die Legalisierung der aktiven Sterbehilfe und 74 % der Protestanten sind für die Verankerung des Rechts auf Abtreibung in der Verfassung.

Das politische und gesellschaftliche Engagement von Protestanten ist hoch: 12 % der Protestanten sind in einer politischen Bewegung aktiv (im Vergleich zu 2,1 % in der Gesamtbevölkerung). Auch die Beteiligung an Vereinen, sowohl kirchlichen als auch solchen mit sozialer oder diakonischer Ausrichtung, ist überdurchschnittlich. Diese Ergebnisse unterstreichen, dass gesellschaftliches Engagement nach wie vor ein wichtiges Merkmal des Protestantismus in Frankreich ist.

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