Estland: Nur 29 % der Bevölkerung hat Bezüge zur Religion
Am 1. November 2022 hat das estnische Amt für Statistik die Ergebnisse des Zensus 2021 vorgelegt. Es bestätigt sich, dass Estland mit 58 % der Bevölkerung eine große areligiöse Mehrheit hat. 13 % wollten die Frage nach Religion nicht beantworten. Der Anteil derjenigen, die sich zu irgendeiner Religion bekennen, liegt bei 29 % und ist in den letzten drei Volkszählungen unverändert geblieben. Ein wichtiger Faktor bei der Religiosität spielt die Bildung: Während sich 34 % der Menschen mit Hochschulbildung als religiös bezeichnen, tun es nur 21 % der Menschen mit geringer Bildung.
Die wichtigste Religion ist mit 16 % die Orthodoxie, mit 8 % folgt das Luthertum. Menschen weiterer Glaubensrichtungen machen 5 % der Gesamtbevölkerung aus. Davon sind 93 % Christen, der Anteil der Katholiken ist von 0,4 auf 0,8 % gestiegen. Der Anteil der Muslime ist von 0,1 % im Jahr 2011 auf 0,5 % im Jahr 2021 gestiegen.
Der Vergleich zu früheren Volkszählungen zeigt, dass der Anteil der Lutheraner kontinuierlich abnimmt: von 14 % im Jahr 2000 auf 10 % im Jahr 2011 und nur noch 8 % bei der aktuellen Volkszählung. Der Anteil der orthodoxen Christen ist leicht gestiegen: von 14 % im Jahr 2000 auf 16 % im Jahr 2011 und 2021.
Das Luthertum ist nach wie vor die am weitesten verbreitete Religion unter den Esten, die Orthodoxie unter den Russen und anderen Slawen. Atko Remmel, außerordentlicher Professor für Religionswissenschaften an der Universität Tartu, erklärt dies mit der Überschneidung von nationaler Zugehörigkeit und religiöser Identität. "Die russische nationale Identität und die Orthodoxie gehen Hand in Hand, zumindest in einem größeren Ausmaß, als es bei den Esten und dem Luthertum der Fall ist."
Problematisch für die Zukunft ist die Altersstruktur der Lutheraner. Die Hälfte von ihnen ist älter als 64 Jahre. Von den jungen Menschen im Alter zwischen 15 und 29 Jahren bekennen sich nur 2,5 % zum Luthertum. Vor 20 Jahren waren es noch 9,2 %. Der Erzbischof der Estnischen Evangelisch-Lutherischen Kirche, Urmas Viilma, stellt dies in den Zusammenhang mit der Tatsache, dass Estland das einzige Land in der Europäischen Union sei, in dem die Schulen nicht verpflichtet seien, Religionsunterricht anzubieten. Doch er ermahnt zugleich: „Es sollten sich alle Geistlichen und Gemeindeleitungen fragen, was wir tun, um mit Kindern und jungen Familien in Kontakt zu kommen. Wir müssen dorthin gehen, wo die Kinder und Jugendlichen sind, und dürfen nicht in Kirchen und Gemeindehäusern auf sie warten.“