Zeugnis in der Diaspora – 80 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs

Charkiw (Ukraine) 2022 (Foto: Nikita Zhadan)

Gedenkgottesdienst im Berliner DOM mit Pfr. Alexander Gross (Ukraine)

Zum 80. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs lädt der Berliner Dom am 8. Mai 2025 zu einem Gedenkgottesdienst um 18 Uhr mit anschließendem Gespräch ein. Im Zentrum stehen die Perspektiven aus Belarus, Polen und der Ukraine. Die Predigt hält Pastor Alexander Gross, stellvertretender Bischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in der Ukraine. Die Liturgie gestalten Bischof Waldemar Pytel (Polen) und Dompredigerin Christiane Münker. Natallia Vasilevich, orthodoxe Theologin aus Belarus, bringt ihre Erfahrungen aus dem Exil ein. Im anschließenden Gespräch, moderiert von Markus Meckel, diskutieren die Gäste über Erinnerungskultur, die anhaltenden Folgen des Krieges und aktuelle Bedrohungen durch autoritäre Regime.

Der 2. Weltkrieg und das GAW

Der Zweite Weltkrieg hat das Gesicht Europas grundlegend verändert – und er hat auch die Arbeit des Gustav-Adolf-Werks tief geprägt. Viele evangelische Gemeinden in Mittel- und Osteuropa wurden zerstört, zerstreut oder litten unter den Folgen von Krieg, Vertreibung und totalitären Regimen. Was einst stabile Diasporagemeinschaften waren, wurde im wahrsten Sinne des Wortes zerstört. Die Arbeit des GAW musste sich neu aufstellen. In Kassel wurde das GAW-West neu aufgebaut. In Leipzig blieb das GAW-Ost. Beide Werke blieben in enger Verbindung. Bis 1971 gab es für beide Werke noch einen gemeinsamen Präsidenten.

Der „Eiserne Vorhang“ stellte dann für das GAW vor besondere Herausforderungen. Schon nach dem 1. Weltkrieg hatten sich die Beziehungen zu den Ländern, die mit dem Deutschen Reich im Krieg standen, verändert. Mit der Gründung der Sowjetunion wurden die lutherischen Kirchen im ehemaligen Zarenreich zerstört.

Nach 1945 gab es erneut dramatische Veränderung durch Flucht und Vertreibung.

Das GAW suchte in der geteilten Welt dennoch Wege der Verbindung. Es blieb Partner – oft leise, aber verlässlich – für die evangelischen Kirchen in Ost- und Südosteuropa. Es hat die Not der Brüder und Schwestern nicht vergessen, sondern Zeichen der Solidarität gesetzt. Z.B. wurdenBibeln wurden durch Pfarrer bis nach Zentralasien geschmuggelt. Kontakte zu den sich neu findenden Kirchen in Polen und der Tschoslowakei wurden langsam wieder aufgebaut. Vieles war nicht mehr möglich. Aber man blieb in Verbindung.

Die schmerzhaften Erfahrungen des Krieges haben das GAW gelehrt, dass wir Kirche nur gemeinsam sein können: grenzüberschreitend, geschwisterlich, getragen von der Hoffnung auf das Reich Gottes. Seit 1990 konnten viele Kontakte vertieft und neu belebt werden. Bei allem ist das Anliegen geblieben: Diasporakirchen zu stärken, damit sie Salz der Erde und Licht der Welt sein können, auch unter schwierigen Bedingungen.

Und wenn wir heute – 80 Jahre nach Kriegsende – auf diese Geschichte schauen, dann wissen wir: Die Diaspora ist kein Ort der Schwäche. Sie ist ein Ort des Zeugnisses. Und das GAW wird auch weiterhin an der Seite derer stehen, die glauben, hoffen und lieben.

Fürbittengebet zum 8. Mai 2025 – 80 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs

Gott des Friedens und der Gerechtigkeit,
heute erinnern wir an das Ende des Zweiten Weltkriegs vor 80 Jahren.
Wir gedenken der unzähligen Opfer von Krieg, Gewalt, Hass und Verfolgung.
Wir danken Dir für das Geschenk des Friedens, das Europa über Jahrzehnte tragen durfte, und wir bitten Dich:

Für die Menschen in der Ukraine, und auch in Belarus und in Russland:
Du siehst ihre Not, ihre Angst, ihre Hoffnung.
Wir bitten Dich um Trost für die Leidenden, Schutz für die Bedrohten
und Einsicht für die Verantwortlichen, die den Frieden gefährden.
Lass die Waffen schweigen und öffne Wege zu Gerechtigkeit und Versöhnung.

Für die Freiheit und Demokratie in Europa:
Bewahre uns vor Gleichgültigkeit und dem Vergessen der Geschichte.
Stärke alle, die sich einsetzen für Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit und gesellschaftlichen Zusammenhalt.
Lass uns wachsam bleiben gegenüber jeder Form von Extremismus und Unrecht.

Für die Partnerkirchen des GAW in Polen, Tschechien, der Slowakei und anderen Ländern Mittel- und Osteuropas:
Sie haben unter den Folgen des Krieges und der Teilung Europas gelitten
und tragen heute zum geistlichen und gesellschaftlichen Aufbau bei.
Segne ihren Dienst und stärke ihre Gemeinschaft.
Gib ihnen Kraft, Zeichen der Hoffnung und des Friedens zu sein.

Für uns alle:
Mach uns zu Werkzeugen Deines Friedens.
Gib uns offene Augen für das Leid unserer Mitmenschen,
ein hörendes Herz für ihre Geschichten,
und Hände, die helfen, heilen und verbinden.

Darum bitten wir Dich durch Jesus Christus, unseren Herrn,
der den Tod überwunden hat und uns zum Leben in Fülle ruft.
Amen.

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