Mitgliederversammlung GAW Kurhessen-Waldeck am 4. 11.19

Foto: medio.tv/Schauderna

„Weltweit Gemeinden helfen", dieses Motto des ältesten Hilfswerks unserer Kirche ist auf vielerlei Weise bei der Mitgliederversammlung angeklungen. In verschiedene Regionen der Welt ist der Blick gewandert. Einen besonderen Focus legt Generalsekretär Pfarrer Enno Haaks (GAW-Zentrale Leipzig) auf die Situation der Christen in Syrien. Durch Besuche vor Ort sowie und ständige Kontakte mit Gemeindepfarrern in der Region Nord-Ost- Syrien ist Enno Haaks aktuell informiert und kann davon berichten.

Syrien gehört zu den Gebieten, in denen das Christentum entstanden ist und in dem bis zu ihrer Zerstörung einige der ältesten Kirchen lagen. Seit 2011 herrscht Krieg. Verschiedenste Konflikt-parteien sind auszumachen. Die Situation lässt sich schwer durchschauen. Es heißt, dass der Krieg eigentlich gewonnen sei; aber durch einen Zustrom von Waffen und ausländischen Kämpfern ist das Land noch nicht befriedet. In dieser unüberschaubaren politischen Lage versuchen Christen ihr Dasein zu fristen. Von ehemals 10% Christen sind heute noch rund 5% übriggeblieben. Die Zahlen schwanken. Unter der Regierung Baschar al-Assad haben Christen eine wichtige Rolle in der Gesellschaft gespielt, es gab keinerlei Einschränkungen. So würden sie auch jetzt wieder für Assad stimmen oder für ihn beten. Sollte es zu einer islamistischen Regierung kommen, würde das für die Christen ein ungewisses Schicksal bedeuten. In der Region Nord-Ost- Syrien gibt es drei christliche Gemeinden mit insgesamt 40 bis 50.000 Mitgliedern. Enno Haaks umschreibt die Lebensumstände: Schulen sind geschlossen, Brot ist knapp, und der Winter steht vor der Tür. Arbeitsplätze sind so gut wie nicht vorhanden. Humanitäre Hilfe ist dringend geboten.

Gemeinsam mit anderen Partnern hat das GAW Hilfe leisten können: Stromaggregate wurden trotz schwierigen Transportes in die Region geliefert. So wurde gewährleistet, dass Schulen für den Unterricht nutzbar sind. Insgesamt können rund 1200 Kinder und Jugendliche unterrichtet werden. Im Hinblick auf die zwei Millionen Kinder in Syrien, die keine Schule besuchen können, klingt das nicht viel. „Wer gebildet ist, greift nicht zu den Waffen", so Generalsekretär Haaks. Einzelschicksale geben der geschilderten politischen Situation ein lebendiges Gesicht und stellen einen persönlichen Bezug her. Es fällt nicht schwer, sich in die Lage der Christen zu setzen und nachzuvollziehen bei der Frage: bleiben wir in der Region oder verlassen wir für immer unsere Heimat für immer. Für die, die bleiben, sei es wichtig, Unterstützung von Christen aus dem Westen zu erfahren: neben humanitärer Hilfe auch viele Gebete.

Das GAW will dazu beitragen, Christen in Nahost zusammenzuhalten. Gemeinsam mit der EKD unterstützt das GAW Christen in Syrien, um so zu gewährleisten, dass sie in ihrem Land bleiben können. Finanzielle Mittel sind in den Wiederaufbau von Kirchen in Aleppo und Homs geflossen. Zusätzlich gab es Lebensmittel- und Treibstoffspenden, berichtet der Generalsekretär.

In seinem Vortrag hält Haaks ein Plädoyer für die Christen in Syrien und Nahost. „Unsere Glaubens-geschwister sind darauf angewiesen, dass sie wahrgenommen werden, gerade in Regionen, in denen sie zurückgedrängt werden und die christliche Präsenz abnimmt." Haaks appelliert an die Spendenbereitschaft in hiesigen Gemeinden, wenn am Sonntag Reminiszere (8. März 2020) die Kollekte für verfolgte und bedrängte Christen in Nahost bestimmt ist. Wie wichtig die Arbeit des GAW ist, wird wieder einmal deutlich. An vielen Stellen weltweit könne das GAW „eine Art Menschenrechtsverwalter sein".

In ihrer Andacht weist Oberlandeskirchenrätin Claudia Brinkmann-Weiß darauf hin, dass das GAW das älteste Hilfswerk der EKD ist; es sei ein altes Werk mit einer jungen Idee: Eintreten für Minder-heiten. Pfarrerin Birgit Hamrich (Zentrum Ökumene) sagt in ihrem Grußwort, die Kirchen in Deutsch-land könnten sich möglicherweise in dieselbe Richtung entwickeln, hin zu einer Minderheit.

Die Mitgliederversammlung hat festgelegt, 42.500 € für Projekte des Gesamtwerkes zur Verfügung zu stellen. Weiter werden verschiedene Projekte gefördert in Bolivien, Estland, Georgien und Frankreich. Das Jahresprojekt 2020 der GA-Frauenarbeit, ein Projekt für Frauen in Rumänien, wird ebenfalls unterstützt sowie evangelische Flüchtlingsschulen im Libanon mit der GAW-Konfigabe 2020. Die umfangreichen Zuwendungen an finanziellen Mitteln sind nur durch entsprechende Unterstützung von Spenderinnen und Spendern sowie durch Kollekten zu gewährleisten. In diesem Zusammenhang schildert Schatzmeister Thorsten Gerhold die Veränderungen durch Vorgaben der Landeskirche. Mit Bedauern nimmt die Mitgliederversammlung zur Kenntnis, dass es in Kurhessen-Waldeck keinen festen Kollektenplatz mehr für das GAW geben wird. Dennoch werde das GAW Kurhessen-Waldeck seinem Motto treu bleiben und im September 2020 das 175jährige Jubiläum feiern: Weltweit Gemeinden helfen.

In der Mitgliederversammlung, von Pfarrer Thomas Dilger (stellvertretender Vorsitzender) moderiert und Inge Rühl (Vorsitzende der Frauenarbeit) geleitet, wird einerseits ein weltweiter Blick geboten andererseits gehören auch Interna dazu. So sind im vergangenen Jahr in der Hauptgruppe Kurhessen-Waldeck viele Neuzugänge zu verzeichnen gewesen. Veränderungen gibt es auch im Vorstand: nach langjähriger Mitarbeit wurden Konrektorin a.D. Ulrike Kany und Pfarrerin Melanie Keller-Stenzel verabschiedet.

Ulrike Kany
GAW Kurhessen-Waldeck

 

Linktipp: https://www.ekkw.de/aktuell/meldung/aktuell_29551.htm

Literaturhinweis: "Hilf mir vor meinen Verfolgern - An der Seite bedrohter evangelischer Christen in Syrien"
ISBN: 978-3-87593-130-3

 

Im Anschluss an die Mitgliederversammlung sendete die Radioredaktion MEDIO (Medienhaus der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck) über Situation von Christen in Syrien.

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