Polen: Würdigung der Reformation mit Hindernissen

In Polen mit seiner vorwiegend katholischen Bevölkerung ist die Feier der 500 Jahre Reformation für evangelische Christen eine Herausforderung. Durch die „erfolgreiche“ Gegenreformation bilden die Lutheraner mit 71 000 Gemeindegliedern und die Reformierten mit 2 500 Gemeindegliedern nur eine sehr kleine Minderheit im Land. Desto wichtiger ist es für sie, im Jahr des Reformationsjubiläums die wichtige Rolle des Protestantismus und der Protestanten in der Geschichte Polens öffentlich zu würdigen.

„Das Zeitalter der Reformation – das 16. Jahrhundert – gilt in der polnischen Geschichtsschreibung nicht ohne Grund als das ‚goldene Zeitalter‘“, betont der Bischof der Evangelisch-Augsburgischen (Lutherischen) Kirche in Polen, Jerzy Samiec, im Magazin „Evangelisch weltweit“ 2/2016. „Dank der Übersetzung der Bibel ins Polnische (1563 und 1632) haben sich die Grundzüge der modernen Grammatik und Rechtschreibung ausgebildet. Die Schulen evangelischer Gemeinden trugen zum Rückgang des Analphabetismus bei. Im Jahre 1573 verabschiedete der Sejm dank Bemühungen von Protestanten die Konföderation von Warschau. Dieser Rechtsakt garantierte für Nichtkatholiken die Religionsfreiheit und ließ das Polen des 16. Jahrhundert zum ‚Land ohne Scheiterhaufen‘ werden.“

Ende 2016 erklärte sich der Präsident der Polnischen Republik, Andrzej Duda, auf Bitten der Evangelisch-Augsburgischen (Lutherischen) Kirche bereit, die Schirmherrschaft über die zentrale Feier des Reformationsjubiläums in Warschau vom 26. bis 29. Oktober zu übernehmen. Eine weitere staatliche Anerkennung für das Reformationsjahr konnte nicht erreicht werden. Auch der Senat, die zweite Kammer des polnischen Parlaments, tat sich schwer mit der Würdigung des Beitrags polnischer Protestanten. Am 1. Februar 2017 konnte erst nach vielen Diskussionen und heftigem Streit eine Resolution zum Gedenken der 500 Jahre Reformation auf dem Gebiet Polens verabschiedet werden – mit 40 Ja-Stimmen, 27 Gegenstimmen und 17 Enthaltungen. In der Resolution werden namentlich zahlreiche protestantische Persönlichkeiten gewürdigt, die als Schriftsteller, Geistliche, Politiker und Offiziere eine wichtige Rolle in der Geschichte Polens gespielt haben.

files/gaw/bilder/Nachrichten/2017 - Januar-Juni/pl_briefmarke 500.jpgDafür haben inzwischen die Regionalparlamente in Schlesien, Niederschlesien und Ermland-Masuren das Jahr 2017 zum Jahr des Reformationsjubiläums erklärt.

Am 28. Februar 2017 brachte zudem die Polnische Post eine Briefmarke heraus, die dem  Reformationsjubiläum gewidmet ist. Die Marke im Wert von 3,20 Zloty gibt die einleitenden Worte der 95 Thesen Luthers wieder.

 

Aktuelle Informationen zum Reformationsjubiläum in Polen: http://luter2017.pl (Polnisch)

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