Brasilien: Aus der Gnade zum Handeln befreit - Jahresthema 2016 der Lutheraner

files/gaw/bilder/Nachrichten/2015 - Juli-Dezember/IECLB 2016 Jahresthema.jpgPela graça de Deus, livres para cuidar/ Durch die Gnade Gottes befreit zum Handeln – so lautet das Jahresthema der lutherischen Kirche in Brasilien (IECLB) für das neue Kirchenjahr 2016. Das portugiesische Wort „cuidar“ muss noch erweitert werden, denn es meint ein sich sorgendes, fürsorgendes Handeln. „Uns geht es darum, darüber nachzudenken, was richtiges Handeln aus Freiheit beinhaltet“, schreibt Kirchenpräsident Nestor Friedrich von der IECLB. „Es geht dabei um folgende Herausforderungen: Weder Heil und Gnade, noch der Mensch und die gesamte Schöpfung sind käuflich!“

Das biblische Leitmotiv für das Themenjahr kommt aus Amos 5,14a und lautet „Suchet das Gute und nicht das Böse!“

Der Impuls für das Themenjahr stammt zum einen aus dem Leitwort des Lutherischen Weltbundes für das Reformationsjubiläum 2017: „Befreit duch Gottes Gnade“, zum anderen aus der Sorge um die großen ethischen Herausforderungen der Gesellschaft.

In Brasilien gibt es derzeit große gesellschaftlich Spannungen. Es gibt eine steigende Inflation. Experten rechnen in diesem Jahr mit einem Wert von 8-9 %. Höhere Zinsen drücken auf das Konsumverhalten. Der gerade gewachsene Mittelstand droht wieder zu verarmen, denn die Preise steigen. Und besonders Geringverdiener leiden unter steigenden Lebensmittelpreisen. Die Arbeitslosigkeit nimmt zu. Sie könnte in diesem Jahr auf über 10% steigen, nachdem sie noch zum Jahreswechsel bei 6,5% lag. Immer wieder kommt es in dieser Situation zu Streiks. Aber nicht nur die wirtschaftlichen Probleme treiben die Menschen auf die Straße, sondern auch ein gewaltiger Korruptionsskandal um den staatlich kontrollierten Erdölkonzern Petrobras, in den offenbar Dutzende hochrangige Politiker und praktisch die gesamte Bauwirtschaft des Landes verwickelt sind. In diesem Kontext kämpft Präsidentin Dilma Roussef um ihr politisches Überleben. Ihre Zustimmungswerte sind inzwischen unter 10% gesunken. Die Opposition tut alles, um sie weiter zu schwächen. Das schwächt das Land weiter – und es führt dazu, dass der Umgang miteinander verroht. Auch ist zudem zu beobachten, dass die Gewaltbereitschaft zunimmt.

Das hat der ehemalige Präsident der Obra Gustavo Adolfo (OGA) Pfarrer Droste erlebt. Am hellichten Tag wurde er überfallen und das Haus mitsamt Auto ausgeraubt. Eine Strafverfolgung wurde quasi unmöglich gemacht, da die Polizei in jenen Tagen streikte.

„Das gesamtgesellschaftliche Klima betrifft natürlich auch unsere Gemeindeglieder und die Finanzen der Kirche. Wir versuchen aufzupassen, dass die Pastorengehälter bezahlt werden können und die Gemeindehaushalte in Ordnung bleiben“, schreibt Pfarrer Martin Volkmann, Generalsekretär der OGA. 

Der IECLB ist es deshalb umso wichtiger, sich auf den Grund der reformatorischen Lehre zu besinnen. Allein Gottes Gnade hilft uns zu unterscheiden, was gut und was böse ist – wie es bei Amos heißt. „Ganz konkret haben wir in der Situation Brasiliens viel einzubringen, Menschen Orientierung zu geben und das Gute zu stärken“, schreibt Kirchenpräsident Friedrich. „Unsere Gesellschaft braucht das mehr denn je!“ Und er fährt fort: „Die Menschen müssen spüren und erleben können, dass die Gnade wie eine Umarmung Gottes ist! Diese Umarmung bedrückt nicht, sondern sie befreit. Und sie hilft uns, das Böse zu benennen und die Gewissen der Menschen zu schulen.“

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